Die Frontotemporale Demenz, auch bekannt als "Morbus Pick", ist eine seltene Form der Demenz. Sie bezeichnet eine Erkrankung des Stirn- und Schläfenlappens im Gehirn, durch die eine starke Persönlichkeitsveränderung verursacht wird. Sie unterscheidet sich stark von den meisten anderen Formen und tritt meist schon in jüngeren Jahren auf. 


Bei einer frontotemporalen Demenz kommt es zu einer Veränderung des Vorderhirnbereichs (Stirn-/Frontallappen). Dieser Bereich des Gehirns ist für die Emotionen und das Sozialverhalten zuständig. Wie diese Veränderung entsteht, ist noch nicht ausreichend bekannt.


Das Hauptkennzeichen der frontotemporalen Demenz ist eine deutliche Veränderung der Persönlichkeit und des Verhaltens des Betroffenen. Dies äußert sich z.B. in einem gestörten und taktlosen, teilweise aggressiven Sozialverhalten. Die Erkrankten nehmen keine Rücksicht auf gesellschaftliche Normen oder ein freundliches Miteinander, sondern äußern hemmungslos ihre Meinung. Die Veränderungen sind teilweise so stark, dass die Angehörigen den Betroffenen nicht wiedererkennen, Ebenfalls charakteristisch ist eine fehlende Krankheitseinsicht. Während Menschen mit einer Alzheimer Demenz in der Regel eine hohe Bereitschaft zur Therapie zeigen, wirken Menschen, die von einer frontotemporalen Demenz betroffen sind, meist nicht motiviert und teilnahmslos. Weitere Erkennungszeichen können eine maßlose Ernährung, eine sexuelle Unbeherrschtheit und Schlafstörungen sein. Typisch sind auch parkinsonähnliche Symptome wie eine "nach vorne gebeugte Haltung" und langsame Bewegungen. Störungen der Sprache treten in den Unterformen der frontotemporalen Demenz auf. Die Betroffenen sprechen Wörter falsch aus, haben Wortfindungsstörungen oder vergessen die Bedeutung der Wörter. Es kann auch im Verlauf dazu kommen, dass der Betroffene bekannte Gesichter nicht mehr erkennen oder zuordnen kann. Im fortgeschrittenen Stadium entwickeln viele Patienten eine Inkontinenz. Die frontotemporale Demenz unterscheidet sich deswegen so stark von den anderen Demenzformen, weil die Verhaltensstörungen zeitlich deutlich vor den Gedächtnis- und Orientierungsstörungen auftreten. Erst im fortgeschrittenen Stadium zeigen sich Ähnlichkeiten mit einer Alzheimer-Symptomatik. Es kommt dabei zum Verlust der Selbstständigkeit und im weiteren Verlauf zur Bettlägerigkeit.


Es werden drei Unterformen unterschieden: 

1. Die Frontotemporale Demenz, die sich eher verhaltensbetont äußert.

2. Die semantische Demenz, die sich eher sprachbetont äußert. Hier können Bezeichnungen und Gegenstände nicht mehr in Verbindung gebracht werden.

3. Die progrediente nichtflüssige Aphasie, für die eine stockende Sprache und Wortfindungsstörungen charakteristisch sind.

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die drei Unterformen gleichbedeutend als Frontotemporale Demenz bezeichnet.


Da die Verhaltensstörungen im Anfangsstadium dieser Demenzform im Vordergrund stehen, ist eine genaue Diagnostik schwierig. Die Symptome werden oft fehlgedeutet und mit psychischen Störungen wie Psychosen oder Schizophrenie, Depression oder Burn-out-Syndrom verwechselt.

Neben Tests des Gedächtnisses, der Sprache und des Denkvermögens und einer spezifischen Bildgebung, ist vor allem ein Angehörigeninterview sehr wichtig. Die Verhaltensauffälligkeiten müssen ausführlich berichtet werden, denn auffallende und ungewohnte Handlungen sind wichtige Hinweise. Es gibt auch einen Demenztest, der eigens für die Diagnostik bei Verdacht auf Frontotemporale Demenz entwickelt wurde (Frontal Behavorial Inventory).


Bislang sind keine Risikofaktoren bekannt, die das Auftreten einer frontotemporalen Demenz begünstigen können. Es gibt aber nachgewiesene Fälle, in denen ein Zusammenhang zwischen einem veränderten Erbgut (Mutation) und dem Auftreten der Erkrankung besteht.


Da die genauen Ursachen der Erkrankung noch nicht ausreichend bekannt sind und somit auch nicht beeinflussbar, gibt es noch keine gezielte Therapie. Die Therapie ist darauf ausgelegt, die Symptome zu lindern. So können z.B. auffällige Verhaltensweisen medikamentös (Antidepressiva, Neuroleptika) behandelt werden. In nicht-medikamentösen Therapieformen versucht man bspw. Aggressionen durch verstärkte Bewegung (Wandern, Sport) entgegenzuwirken oder Rückzugstendenzen durch behutsame Aktivierung. Wichtig ist bei dienen Therapieansätzen, immer auf die Individualität des einzelnen Betroffenen einzugehen.


Folgende Verhaltensweisen können ein Hinweis für eine frontotemporale Demenz sein:

  • Sorglosigkeit, Nachlässigkeit bei der Arbeit
  • Distanzminderung: z.B. Ansprechen von Fremden
  • Oberflächlichkeit: ungepflegte äußere Erscheinung
  • Enthemmung: z.B. Duzen von Fremden
  • Taktlosigkeit, Witzelsucht
  • Riskantes Fahrverhalten
  • Aggressives Verhalten (v.a. verbal)
  • Gestörte Impulskontrolle: u.a. Bagatelldelikte, Hyper-Sexualität
  • unbedachte finanzielle Transaktionen
  • Verlust der Krankheitseinsicht, Kritiklosigkeit
  • Antriebsarmut, Interessensverlust
  • Reduzierte emotionale Schwingungsfähigkeit
  • Stereotypien: Wiederholen einer Handlung
  • Übersteigertes Ess- und Trinkverhalten